Entgegen landläufiger Meinung lassen sich Emotionen und Gefühle nicht gleichsetzen. Aber worin liegt der Unterschied? Und welchen Einfluss haben Emotionen und Gefühle auf unser Berufsleben?
Emotionen sind angeborene Reaktionsmuster, die infolge einer Reizbewertung unwillkürlich auftreten. Der Psychologe Paul Ekman unterschied sechs Stück: Freude, Wut, Furcht, Traurigkeit, Ekel und Überraschung, die er als Basisemotionen bezeichnete (teilweise wird von mehr ausgegangen). Allen gemeinsam ist, dass sie angeboren sind, maximal wenige Sekunden anhalten, kulturübergreifend gezeigt und erkannt werden und sich nicht oder nur sehr schwer unterdrücken lassen.
Ein kleines Experiment:
Denken Sie spontan an ein Nahrungsmittel, dass Sie überhaupt nicht leiden können. Stellen Sie sich jetzt vor, Sie würden genau dieses Nahrungsmittel serviert bekommen und müssten es essen.
Achten Sie nun auf Ihren Gesichtsausdruck: Haben Sie vielleicht unwillkürlich Ihr Gesicht verzogen? Vermutlich ja (noch bevor Sie es willentlich kontrollieren konnten) und sei es für kurze Zeit gewesen.
Gefühle hingegen sind eine Begleiterscheinung emotionaler Reaktionen. Sie sind sehr komplex und halten relativ lange an. Im Grunde stellen Gefühle das subjektive Erleben von Emotionen dar und machen uns so unsere Emotionen bewusst. Allerdings lassen sich Gefühle anders als Emotionen verbergen, da sie innere Ereignisse darstellen. Eine einflussreiche Theorie auf diesem Gebiet erklärt dies so: Emotionale Reaktionen sind mit bestimmten körperlichen Veränderungen verbunden, die wir wahrnehmen und auf die wir mit Gefühlen reagieren.
Welchen Sinn haben Emotionen überhaupt?!
Emotionen machen evolutionär gesehen einen Vorteil aus, indem sie je nach Situation bestimmte Verhaltensweisen wahrscheinlicher machen, die das Überleben sichern. So vermeiden/entfliehen wir potentiell schädlichen Situationen und nähern uns potentiell förderlichen an. Dies erklärt auch, warum wir Emotionen in anderen Gesichtern lesen können (müssen): Erkennen wir bspw. Wut oder Ärger im Gesicht eines anderen Menschen, werden wir ihm eher aus dem Weg gehen. Menschen die Freude ausstrahlen hingegen, würden wir eher näher kommen. Emotionen zu zeigen und verstehen zu können stellt also im Grunde eine Kommunikationsleistung dar, die uns Vorteile für das Überleben bringen soll.
Wie ist es mit Emotionen im Arbeitsleben?
Auch auf Arbeit stellt es einen großen Vorteil dar, den Ausdruck Anderer korrekt interpretieren zu können. Vermutlich würden wir unseren Chef eher nicht um einen Gefallen bitten, wenn mit zusammengezogenen Augenbrauen und geweiteten Nasenflügeln vor uns steht. Doch was ist mit uns selbst? Nicht immer wollen wir, dass andere sehen, was gerade in uns vor sich geht. So wollen wir vielleicht keine Angst zeigen, um nicht schwach zu wirken. Emotionen unterliegen normalerweise jedoch nicht unserer willentlichen Kontrolle. Was aber, wenn das für unsere Arbeit notwendig ist? In einigen Unternehmen wird sogenannte Emotionsarbeit von den Mitarbeitern verlangt. Meist wird dabei gefordert gegenüber Anderen (z.B. Kunden) positive Gefühle darzustellen bzw. negative zu unterdrücken oder Neutralität auszustrahlen (kann aber je nach Branche variieren) – selbst wenn dies gerade nicht dem eigenen Erleben entspricht.
Emotionsarbeit: Emotionen so kontrollieren zu können, um einen erwünschten Gefühlsausdruck präsentieren zu können.
Wie sieht Emotionsarbeit in der Praxis aus?
Nach der Soziologin A. R. Hochschild werden zwei zur Emotionsarbeit Strategien unterschieden. Erstens: Ein bestimmtes Gefühl nach außen hin vortäuschen, indem man die sichtbaren Anteile einer Emotion so anpasst, wie es vorgegeben wird. Dies bezeichnet sie als Oberflächenhandeln. Die äußere Darstellung und das innere Erleben der Mitarbeiters stimmen hier ggf. nicht mehr überein (Bsp.: Trotz eines unfreundlichen Kunden und Ärger darüber, muss man Freundlichkeit ausstrahlen, indem man ihn anlächelt). Allerdings besteht hier die Gefahr, dass das Verhalten nicht echt wirkt, da sich nonverbales Verhalten schwerer willentlich beeinflussen lässt als verbales. Bei der zweiten Strategie (dem Tiefenhandeln) wird versucht auch zu fühlen, was nach außen hin dargestellt werden soll. Hierfür können verschiedene Techniken angewendet werden, wie z.B. die Aufmerksamkeit auf etwas zu richten, was die geforderten Gefühle hervorrufen kann. Trotz dass hier die Gefühle künstlich hervorgerufen werden, sind sie dennoch echt und es muss somit nicht mehr entgegen der eigenen Gefühle gehandelt werden.
Was hat Emotionsarbeit für Auswirkungen?
Emotionsarbeit ermöglicht es, andere im eigenen Sinne zu beeinflussen. Zum Beispiel wollen einige Unternehmen ihre Kunden beeinflussen, indem sie ihre Mitarbeiter zu Emotionsarbeit anhalten. Die Unternehmen haben daraus tendenziell eher positive Effekte, weil sich die Kunden wie gewünscht verhalten. Aber was ist mit den Mitarbeitern – Kann es auf lange Sicht gut gehen, sich so verstellen und regulieren zu müssen? Inzwischen gibt es Forschung die zeigt, dass bestimmte Formen von Emotionsarbeit für den Anwender negative Konsequenzen bzw. hohe persönliche Kosten haben kann. So können entsprechende Interaktionen als unangenehm empfunden werden. Ein Beispiel: Jeder von uns kennt das anstrengende Gefühl, zu jemanden freundlich sein zu müssen, den wir vielleicht überhaupt nicht leiden können, weil er selbst sehr unfreundlich ist. Zu solchem Verhalten häufiger gezwungen zu sein, kann sehr belastend wirken. Stress oder Burnout können die Folge sein. Hierbei ist anzumerken, dass diese negativen Konsequenzen bisher nur für Oberflächenhandeln, nicht aber für Tiefenhandeln nachgewiesen werden konnten.
Fazit
Es scheint möglich, unsere wahren Emotionen und Gefühle verbergen oder zumindest gut verstecken zu können. Dies kann in der Arbeitswelt einen großen Vorteil darstellen, aber auch sehr belastend sein und negative Konsequenzen nach sich ziehen. Emotionsarbeit sollte daher nur reflektiert und unter Anwendung bestimmter Strategien durchgeführt werden. Wie sich bisher zeigte, scheinen Techniken des Tiefenhandelns besser geeignet zu sein, um dem psychischen Wohlbefinden nicht zu schaden.