Welche Hauptursachen für Rückenschmerzen gibt es heutzutage?
Noch nie hat der Mensch so viel Zeit im Sitzen verbracht wie heute und manche sagen schon, „Sitzen wäre das neue Rauchen“! Mehr als die Hälfte des Tages verbringen wir in dieser Position – ob am Schreibtisch, am Computer, im Auto, in Bus und Bahn oder vor dem Fernseher. Eine aktuelle Studie der Techniker Krankenkasse „Beweg Dich, Deutschland!“ (2016) zeigt deutlich: 6,5 Stunden verbringen wir durchschnittlich pro Tag im Sitzen, jeder 5. sogar über 9 Stunden. Die Folge dieser Dauerbeanspruchung: Am Ende eines langen Arbeitstages tut vielen der Rücken und/oder der Nacken weh und die Beine (vor allem die Knie) sind schwer und steif.
Der Grund: Unser Körper ist von Natur aus viel eher auf das Laufen, Stehen, oder Liegen ausgerichtet. Langes Verharren in derselben Sitzposition staucht die Wirbel, verhindert die richtige Durchblutung und hemmt die Nährstoffversorgung der Bandscheiben. Die umliegende Stützmuskulatur verkrampft und bildet sich aufgrund der geringen Bewegung zurück, da sie kaum beansprucht wird.
Die Lösung lautet „dynamisches Sitzen“, doch was ist das?
Aktives Sitzen in wechselnden Haltungen vermeidet einseitige Belastungen, weil es verschiedene Rückenstrukturen unterschiedlich beansprucht. Mindestens alle 15 Minuten sollten wir unsere Körperhaltung wechseln, um die Rückenmuskulatur zu aktivieren und Muskelverkürzungen zu verhindern. Kurz gesagt – dynamisches Sitzen bedeutet einen möglichst häufigen Wechsel der Sitzposition. Im Idealfall mit geradem Oberkörper zwischen den folgenden drei Sitzhaltungen:
(Oberkörper-Beine < 90 Grad)
2. mittlere oder aufrechte Sitzhaltung
(Oberkörper-Beine = 90 Grad)
- hintere, zurückgelehnte Sitzhaltung
(Oberkörper-Beine > 90 Grad)
Auch einfache Gewichtsverlagerungen, zwischenzeitliches Räkeln und Strecken wirken der Dauerbeanspruchung durchs lange Sitzen effektiv entgegen und regen Kreislauf, Durchblutung und Muskulatur an. Beispielweise eine Gewichtsverlagerung mal auf die linke, mal auf die rechte Gesäßhälfte, regelmäßiges Kopf- und Schulterkreisen, zwischenzeitliches Aufstehen, sowie das Ausschütteln von Armen und Beinen.
Gesunde Bewegung ist die Medizin Nummer 1, auch für den Rücken. Also: mehr Bewegung in den (Büro-)Alltag einbauen!
Nicht nur der Rücken wird durch statisches Sitzen überdurchschnittlich stark in Mitleidenschaft gezogen. Auch auf die allgemeine Gesundheit hat langes, starres Sitzen einen erheblichen Einfluss. In einer Studie aus dem Jahr 2010 konnten australische Forscher zeigen: Sitzen macht anfälliger für Krankheit. 8.800 Männer und Frauen (Durchschnittsalter 53 Jahre) wurden dabei sechs Jahre lang immer wieder nach ihrem „Sitzverhalten“ zu Hause befragt. Das Ergebnis: Je länger z.B. die tägliche Fernsehzeit ist, desto größer auch das Risiko, an einer Herz-Kreislauferkrankung zu sterben.
Keine Zeit? Gibt’s nicht! – Integration, statt Addition von „Pro-Rücken-Zeit“:
Dynamisches Sitzen ist somit nicht nur Prävention, sondern gleichzeitig auch Gesundheitsförderung. Fehlbelastungen und bleibenden Folgeschäden am Rücken wird effektiv vorgebeugt und entgegengewirkt. Ebenso entsteht durch dieses Sitzverhalten ein deutlich besseres Wohlbefinden am Arbeitsplatz, welches die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit steigert.
Es ist einfach, es ist schnell, es ist effektiv! 5 kleine Tipps für einen rückenfreundlicheren (Büro-)Alltag:
- dynamisch sitzen! (spätestens alle 15min die Sitzhaltung einmal wechseln)
- 40-15-5: die gesunde Stunde (aktive Stundengestaltung: maximal 40 Minuten sitzen,15 Minuten stehen und 5 Minuten umhergehen)
- beim Telefonieren einfach aufstehen und umhergehen
- Bewegung am Schreibtisch (mind. 1x pro Stunde ausgiebig Strecken, Räkeln, Kopf- und Schulterkreisen – auch einzelne Rückenübungen 1x täglich einbauen)
- Das Wichtigste: Kontinuität! (1-4 Routine werden lassen, Reminder anlegen wie z.B. ein lustiges Bild am Monitor oder eine sich räkelnde Buddha Figur o.Ä. auf dem Schreibtisch)
Bereits mit diesen einfachen und kleinen Veränderungen lässt sich aktiv gegen Rücken-, Nacken und Schulterverspannungen, sowie andere gesundheitlichen Schäden durch „Vielsitzen“ vorbeugen. Auch für den normalen Alltag ist die Integration von Bewegung simpel und effektiv zugleich, beispielsweise durch die Benutzung der Treppe statt des Aufzuges, öfter barfuß laufen, während des Fernsehens Sport und Stabilisierungsübungen machen und vieles mehr. Die beste Voraussetzung, um z.B. auch im Stehen arbeiten zu können, bietet ein höhenverstellbarer Schreibtisch. Ergonomische Bürostühle erlauben ebenfalls ein rückenunterstützendes und aufrechtes Sitzen, doch auch dieses sollte man aus dynamischer Sichtweise immer wieder variieren, weil die Haltungsmonotonie (so „korrekt und gerade“ man auch sitzt) langfristig problematisch wird.