Wie oft sind die in Deutschland lebenden Menschen eigentlich krank? Was macht uns die meisten Beschwerden? Und welchen Faktor spielen mittlerweile die psychischen Erkrankungen? Der DAK-Report zeigt eine Analyse der Daten zur Arbeitsunfähigkeit anhand von 2,6 Millionen Menschen. Sehr interessant ist auch das Schwerpunktthema „Doping am Arbeitsplatz“, wozu wir Ihnen die wichtigsten Erkenntnisse vorstellen möchten.
Wie oft sind wir eigentlich krank?
Eine Frage, die sich wahrscheinlich die meisten Menschen irgendwann im Jahr mal stellen. Wann bin ich krank, warum bin ich krank? Der Report zeigt die wichtigsten Zahlen und Fakten im Überblick. 3,9% der Erwerbstätigen waren im Jahr 2014 an einem Kalendertag durchschnittlich arbeitsunfähig. Fast die Hälfte aller Mitglieder (48,2%) hatte mindestens eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und die durchschnittliche Falldauer beträgt 12,3 Tage. Bis auf die Falldauer sind alle Werte im Vergleich zu 2013 sinkend, auch die Fallhäufigkeit. Nach Gruppen betrachtet, ist der Krankenstand bei Frauen höher als bei Männern (4,2% zu 3,7) und die Arbeitsunfähigkeitsfälle bei den 15-29-jährigen mit Abstand am häufigsten (216), was am erhöhtem Unfall- und Verletzungsrisiko durch bestimmte Freizeitaktivitäten liegt. Außerdem sind junge Arbeitnehmer häufiger, aber dafür kürzer krank. Dies ändert sich im Altersverlauf: je älter die Arbeitnehmer, desto länger dauern die Erkrankungsfälle an. Gerade der Anteil an Langzeitarbeitsunfähigkeiten ist gestiegen. Ziel muss es sein, diesem wieder entgegen zu wirken, denn eine lange Ausfallzeit eines Mitarbeiters bedeutet auch Mehraufwand für Kollegen bei gleichzeitigem Produktivitätsverlust. Für den Rückgang sind vor allem Maßnahmen seitens des Arbeitgebers wichtig. Betriebliche Prävention und Gesundheitsförderung, Rehabilitationsmaßnahmen und ein Wiedereingliederungs-management sind für Arbeitnehmer von enormer Bedeutung und haben positive Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen.
Was macht uns am meisten Beschwerden?
Mal zwickt’s hier, mal ist die Nase zu und ein anderes Mal sind es heftige Bauchschmerzen, die uns vom Arbeiten abhalten und einen Arztbesuch erforderlich machen. Aber was sind denn nun die häufigsten Beschwerden, die wir haben? Laut des Gesundheitsreports sind dies gemessen an den Ausfalltagen die Muskel-SkelettErkrankungen mit 22,7%, gefolgt von psychischen Erkrankungen (16,6%) und Erkrankungen des Atmungssystems (13,7%). Wenn man allerdings die AU-Fälle betrachtet, liegen die Atemwegserkrankungen mit 27% an erster Stelle. Dies liegt daran, dass gerade bei solchen Beschwerden die Dauer nicht sonderlich lang ist, dafür aber häufiger eintritt. Dagegen machen psychische Erkrankungen nur 5,8% der AU-Fälle aus, da eine Krankschreibung bei solch einer Feststellung meist über einen längeren Zeitraum andauert. Die aktuelle Entwicklung weist auf, dass die Fehltage bei psychischen Erkrankungen stetig ansteigen und dies bei Frauen deutlich höher ist als bei Männern (19,9% zu 13,4%). In der Altersspanne von 55-59 sind am meisten Fehltage sowohl bei Männern als auch bei Frauen zu beobachten. Im Detail ist die am häufigsten verbreitete Krankheit Depression, welche auch in der Gesamtbetrachtung an zweiter Stelle hinter Rückenbeschwerden liegt. Die Zahlen der psychischen Erkrankungen sollten bedenklich stimmen, denn diese sind seit Jahren ansteigend und machen einen enormen Anteil an den AU-Tagen aus. Hier gilt es vor allem durch bereits beschriebene Maßnahmen eine Veränderung hervorzurufen.
Wer ist eigentlich am häufigsten arbeitsunfähig?
Gibt es in bestimmten Arbeitsbereichen einen besonders erhöhten Krankenstand? Gibt es auch Unterschiede innerhalb Deutschlands? Diese beiden Fragen kann man mit „ja“ beantworten. Wie bereits bekannt ist, liegt der Krankenstand insgesamt bei 3,9%. Mit einem Krankenstand von 4,5% sind die Bereiche Verkehr, Lagerei, Kundendienste; das Gesundheitswesen und die öffentliche Verwaltung an der Spitze und liegen deutlich über dem Durchschnitt. Dahingegen sind im Bereich Bildung, Kultur und Medien am wenigsten Krankheitstage aufzuweisen (3%). Besonders interessant ist auch die Tatsache, dass in Ost-Deutschland der Krankenstand mit durchschnittlich 4,8% sehr deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt liegt (3,9%). Eine Erklärung wird hier ansatzweise durch eine ungünstigere Versicherten- und Wirtschaftsstruktur gegeben.
Schwerpunkt: Doping am Arbeitsplatz
Das untersuchte Hauptthema des DAKGesundheitsreports war die Frage danach, wie gedopt die Arbeitnehmer am Arbeitsplatz sind. Hintergrund dieser Untersuchung ist der, dass bereits 2009 eine Analyse durchgeführt wurde, welche im Anschluss einige Diskussionen nach sich brachte. Daher hat man eine erneute Erhebung vorgenommen, um herauszustellen, wie sich die Zahl der Betroffenen verändert hat und wie weit das Phänomen mittlerweile verbreitet ist
Fachmännisch gesehen, handelt es sich hierbei um pharmakologisches Neuroenhancement (pNE). Dies beschreibt den Gebrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten von Gesunden zur Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit, Verbesserung psychischer Befindlichkeit, Abbau von Ängsten und Aufregung in beruflichen und privaten Bereich. Doch wofür nehmen Beschäftigte solche Medikamente ein?
- Leistungssteigerung: In den meisten Berufen muss man täglich die höchste Leistung abrufen, um alle Aufgaben zufriedenstellend zu bewältigen. Besonders die Konzentration, Lernfähigkeit und Wachheit sollten immer auf einem hohen Level sein, um allen Anforderungen gerecht zu werden.
- Verbesserung psychisches Wohlbefinden: Dies bezeichnet man auch als „Mood Enhancement“, was vor allem in Bereichen, in denen man besondere Kompetenzen im Umgang mit Menschen haben muss, notwendig ist. Charakteristiken wie Freundlichkeit, Einfühlungsvermögen oder Charisma werden bspw. als Flugbegleiter oder Verkäufer benötigt.
- Abbau von Ängsten/Nervosität: Gerade wenn man Eigenschaften wie Schüchternheit, Ängstlichkeit und Aufgeregtheit nicht ausblenden kann, fallen einem Reden, Präsentationen und sämtliche Auftritte schwer. Auch hier versuchen Menschen z.B. mit Betablockern dagegen anzugehen, da diese Pulsfrequenz und Blutdruck senken können.
Jedoch darf man nicht vergessen, dass diese Medikamente erhebliche Nebenwirkungen haben können und die Wirksamkeit nicht vollständig nachgewiesen und bei jedem Menschen gleich ist. Auch die Meinungen der Experten zum Thema gehen sehr weit auseinander und sind gegensätzlich. Von der freien Zugänglichkeit zu solchen Medikamenten bis hin zur äußersten Warnung ist alles dabei. Für Deutschland gibt es leider kaum Studien, die über die Verwendung von pNE unter Erwerbstätigen berichten und aufklären. Lediglich in den USA wurden vermehrt Studien zum Thema durchgeführt. Fakt ist jedoch, dass die hohen Zahlen nicht auf deutsche Verhältnisse übertragbar sind. Deshalb führte die DAK wie schon 2008 dazu eine eigene Studie durch.
Wie viele Erwerbstätige dopen und warum?
Die Datenbasis für diese repräsentative Studie wurde über eine Online Befragung von 5017 Erwerbstätigen gewonnen. Ergebnis dessen war, dass 6,7% mindestens einmal in ihrem Leben Neuroenhancement betrieben haben, 3,3% zur Leistungssteigerung und 4,7% zur Stimmungsverbesserung. Allerdings kann man nicht immer davon ausgehen, dass ehrliche Antworten gegeben wurden und dass die soziale Erwünschtheit doch eine gewisse Rolle bei den Antworten spielt, so dass diese Ergebnisse vermutlich eine Unterschätzung der realen Situation darstellen. Durch eine besondere Betrachtungsweise sind die Forscher zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Beachtung der Dunkelziffer insgesamt 12,1% der Erwerbstätigen jemals verschreibungspflichtige Medikamente zu sich genommen haben. Interessant ist dabei auch, dass Frauen Medikamente eher zur Stimmungsverbesserung und Männer vermehrt zur Leistungssteigerung einnehmen. Des Weiteren ist die Altersgruppe von 45-50 Jahren mit 8,2% am stärksten betroffen. Nimmt man die letzten 12 Monate als Betrachtungszeitraum haben 3,2% pNE betrieben. Insbesondere die zunehmende Arbeitsplatzunsicherheit und einfache Arbeiten erhöhen das Risiko des Medikamentenmissbrauchs. Betroffene haben verstärkt das Gefühl Medikamente zu nehmen, wenn kleine Fehler schwerwiegende Konsequenzen haben und wenn man die Gefühle im Griff haben muss. Außerdem müssen Erwerbstätige oftmals bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit arbeiten. Als Motive für die Einnahme von Medikamenten werden am häufigsten Prüfungen, Präsentationen, Verhandlungen und Gespräche angegeben (41%). Dahinter folgt, dass die Arbeit dadurch leichter von der Hand geht (35,2%).
Im Vergleich zu 2008 zeigt sich ein Anstieg von 2% gesamt (4,7% → 6,7%) und auch bei regelmäßigem Gebrauch (mind. 2x im Monat) einen Anstieg von 2,2% auf 4,2%. Der harte Kern lässt sich also beim Neuroenhancement aktuell auf 4,2-6,7% (1,8 bis 2,87 Millionen Arbeitnehmer) vermuten und bis zu 12% (5,18 Millionen Beschäftigten) haben mindesten einmal in ihrem Leben arbeitsbedingt verschreibungspflichtige Medikamente zu sich genommen. Generell lässt sich feststellen, dass die Zahl immer noch geringer als vermutet ist, jedoch der Anstieg innerhalb von 6 Jahren als ziemlich stark zu bewerten ist.