Im Englischen gehört der Begriff „nap“ zum Alltagsgebrauch – zwischendurch einen kleinen Mittagsschlaf einlegen, wem kann das schon schaden? Im Gegenteil: Es soll sogar sehr hilfreich sein! Aber warum? Und ist das vor allem auch am Arbeitsplatz sinnvoll und machbar?!
Ein kurzes Schläfchen in der Mittagspause – das ist bei den meisten Unternehmen verboten. US-Konzerne wie z.B. Google machen es aber vor und richten extra Schlafräume für ihre Mitarbeiter ein. Dadurch soll eine „win-win“ Situation entstehen: Der Arbeitnehmer bekommt eine Möglichkeit zum Schlafen und kann sich dadurch entsprechend kurzzeitig erholen. Der Arbeitgeber erhält dafür produktivere, ausgeglichene und zufriedene Mitarbeiter.
Was sind die Anhaltspunkte für solche Annahmen?
Eine amerikanische Studie von der Michigan State University (Personality and Individual Differences, 2015) untersuchte Angestellte, die zur Mittagszeit 60 Minuten lang ein Nickerchen hielten, während die andere Gruppe von Personen in derselben Zeit einen Dokumentarfilm sah. Es zeigte sich, dass die schlafende Gruppe hinterher weniger impulsiv war und eine größere Frustrationstoleranz aufwies. Führende Leiterin der Studie, Jennifer Goldschmied, behauptet: „Ich vermute, dass der Mittagsschlaf uns mehr Distanz zu einem emotionalen Ereignis gibt. Es geht nicht nur darum, die Zeit zu vertreiben.“
Kaffee oder Mittagsschlaf?
Bei Müdigkeit greifen wir oft zu einer Tasse Kaffee. Das Koffein hilft, die Wachsamkeit und Aufmerksamkeit wieder zu steigern, damit man sich wieder voll funktionsfähig fühlt. Allerdings hat der Schlaf die gleiche Wirkung und bietet sogar noch etwas anderes: Arbeitnehmer sind leistungsfähiger. Eine Studie von Prof. Dr. Axel Mecklinger (Universität Saarland) konnte feststellen, dass die Gruppe mit schlafenden Teilnehmern in einem Test zu Erinnerungsaufgaben besser abschneiden konnte als ihre Kollegen ohne Mittagsschlaf. Die Prozesse des Gedächtnisses werden im Schlaf verarbeitet, wie z.B. das assoziative Gedächtnis. Es geht dabei darum, sich beispielsweise für Gesichter die passenden Namen zu merken und beides zeitgleich auch abrufen zu können.
Was ist „power-napping“?
In den bereits genannten Studien hat man die Teilnehmer oft 60 Minuten lang schlafen lassen. Am Arbeitsplatz ist es allerdings schwer umsetzbar sich für so eine lange Zeit einen Mittagsschlaf zu gönnen, wenn überhaupt. Der Begriff „Power-Naps“ bezieht sich auf ein kurzes, aber intensives Nickerchen von maximal 30 Minuten. Diese Zeitangabe ergibt sich aus der wissenschaftlich überprüften Annahme, dass der Tiefschlaf ungefähr nach einer halben Stunde einsetzt und danach das Erwachen deutlich erschwert wird. Wenn man also die Gelegenheit hat, einen Mittagsschlaf zwischen 10 bis 30 Minuten zu halten, dann sollte man sie auch wahrnehmen. Eine Langzeitstudie von Dr. Dimitrios Trichopoulos (Harvard School of Public Health) hat festgestellt, dass ein geringeres Risiko für Herzkrankheiten besteht, wenn man drei Mal wöchentlich ca. eine halbe Stunde lang einen Mittagsschlaf hält.
„Napping“: ein Tabuthema in Deutschland?
Einige Unternehmen aus den USA, wie z.B. Apple, Google, Uber, bieten bereits Schlafmöglichkeiten für ihre Mitarbeiter an. Wie sieht es damit aber in Deutschland aus? Das Installationsunternehmen Vaillant hat in seiner Gelsenkirchener Service-Center Stelle zwei Schlafzimmer eingerichtet. Darin befindet sich jeweils eine gepolsterte Liege und man kann sie mit eigenen Kissen Laken beziehen. Zwei Schlafplätze reichen aus, da im Schichtdienst gearbeitet wird. Schlafforscher der Universität Wuppertal begleiteten das Projekt am Anfang und konnten herausfinden, dass deutlich weniger Stresshormone (Cortisol) bei den ausgeschlafenen Mitarbeitern vorhanden waren. „Anfangs musste ich es mir ein wenig antrainieren, nach dem Mittagessen dort hineinzugehen, die Augen zu schließen und einfach abzuschalten. 20 Minuten einfach nichts zu tun, nichts zu sehen, nichts zu hören, weg zu sein von Kollegen und Telefonen – das genügt schon“, berichtete ein Mitarbeiter von Vaillant. Es gibt zwei einfache Regeln dabei. Man darf nur in der Mittagspause für maximal 30 Minuten schlafen und für die entsprechende Ruhezeit müssen sich die Mitarbeiter aus dem Zeiterfassungssystem ausstempeln. Psychologe und Schlafforscher Jürgen Zulley von der Universität Regensburg behauptet: „Schlafen am Tag, das gilt hierzulande gemeinhin als peinlich, ja sogar ungehörig. Man assoziiert damit Faulenzer. Studien zeigen, dass die Deutschen tagsüber die müdesten Menschen in Europa sind.“ In New York und auch Japan gibt es bereits sogenannte „nap salons“, bei denen man für Geld sich ausruhen und für bestimmte Zeit in einem Einzelzimmer schlafen kann. Muss es allerdings schon so weit kommen, dass wir für einen Mittagsschlaf tatsächlich bezahlen müssen?
Menschen haben unterschiedliche Schlafzyklen. Das heißt, es kann Personen geben, die sich mit ihrem individuellen Schlafzyklus besser für „Napper“ eignen als andere. Dies ist ein noch relativ unerforschtes Gebiet, allerdings bietet sich hier die Möglichkeit für jeden die Nickerchen einfach mal selbst auszuprobieren. Natürlich nur, wenn der Chef auch keinen Ärger macht 😉