„Manche Arbeiten muss man dutzende Male verschieben, bis man sie endgültig vergisst.“ (Unbekannt)
In so manchem Beruf kann es fatal sein, eine eben noch schnell hereingekommene Arbeit nicht gleich zu erledigen und im schlimmsten Fall später einfach zu vergessen – ob im Krankenhaus, bei Polizei und Feuerwehr oder im Büro. Manchmal ist Multitasking notwendig oder erscheint uns sogar als hilfreich und angenehm. Wir haben das Gefühl, sehr effektiv zu arbeiten, sehr viel auf einmal zu schaffen – aber ist das wirklich der Fall?!
Die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Arbeitsunterbrechungen und Multitasking in informationsintensiven Berufen – Auswirkungen auf Leistungs-/Arbeitsfähigkeit und Gesundheit unter besonderer Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer“ (von Anja Baethge und Thomas Rigotti) sprechen eher dagegen. Im Gegenteil: „So soll derjenige, der nur für drei Minuten aus einer Aufgabe herausgerissen wird oder sich aus eigener Entscheidung einer neuen Aufgabe widmet, zwei Minuten brauchen, um bei der alten Aufgabe wieder auf dem Stand von vor der Unterbrechung zu sein. Bei ständigen Unterbrechungen addiert sich das dann schon mal auf 40 % der Arbeitszeit!“
Also muss denn wirklich jedes Anliegen, das zwischendurch mal schnell auftritt, sofort bearbeitet werden? Müssen wir jede „Kleinigkeit“ zur langwierigen Arbeitsunterbrechung ausdehnen? Schnell mal eben die Mail beantwortet, die im Pop-Up-Fenster blinkt, einen Anruf
entgegengenommen, oder dem Kollegen vom Nachbarzimmer weitergeholfen – jeder neue Reiz, der ungewollt, ungeplant und unvorhergesehen in unsere Arbeit schneit, unterbricht unseren Denkprozess, erschwert den Wiedereinstieg in das Thema und kostet damit mehr Energie, als die verschiedenen Tätigkeiten einzeln nacheinander abzuarbeiten.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass es physiologisch nicht möglich ist, gleichzeitig mit gleicher Aufmerksamkeit verschiedene Reize zu verarbeiten und auf diese zu reagieren. Versuchen wir es dennoch, wird unser Gehirn zwangsläufig immer wieder zwischen den verschiedenen Aufgaben wechseln. Dabei ist auch entscheidend, wieviel bewusste Handlungen die jeweilige Tätigkeit verlangt: Radfahren mit begleitender Unterhaltung oder Lesen und Kaffee trinken sind z.B. problemlos gleichzeitig möglich. Sobald wir jedoch versuchen, komplexere Handlungen gleichzeitig auszuführen, wie bspw. eine E-Mail zu beantworten und nebenbei eine Diskussion mit einer Person zu führen, wird sich unser Gehirn entweder nur auf eine Sache voll konzentrieren und die anderen Reize „im Hintergrund“ laufen lassen oder aber im Sekundentakt zwischen den Reizen wechseln. Und wer das schon einmal versucht hat, wird sicher wissen, wie schnell man sich vertippt, verspricht oder auch, sehr viel länger braucht, um einen Gedanken zu einer der Tätigkeiten zu finden und aufzuschreiben oder auszusprechen.
Leistung ist Arbeit pro Zeit. Benötigen wir für die gleiche Arbeit mehr Zeit, sinkt unsere Leistung und damit auch unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit – die Belastung der Arbeitsaufgabe wird als stärker wahrgenommen, mit der Zeit entwickelt sich ein Gefühl der Arbeitsüberforderung bzw. –überbeanspruchung. Beschwerden wie Kopf- und Rückenschmerzen, Bluthochdruck, Magen-Darm-Probleme, ein geschwächtes Immunsystem und trägere Denkfähigkeit stören unsere Tätigkeiten und wir empfinden das, was allseits bekannt ist – Stress. Sind wir ihm dauerhaft, also ohne Erholungsphasen, ausgesetzt, tragen wir erhebliche gesundheitliche Folgen davon.
Neben gesundheitsschädigenden Auswirkungen von Arbeitsunterbrechungen und Multitasking, erhöht sich auch das Risiko, Fehler zu machen. Fehler, die zu doppelteer Arbeit führen und damit eben beschriebenen Prozess weiter vorantreiben, und Fehler, die zu Unfällen führen können und damit auch anderen schaden.
Dies bedeutet, dass wir zukünftig daruf achten sollten, Aufgaben, die wir beginnen auch durchgängig zu bearbeiten und zu beenden, bevor wir eine neue Aufgabe beginnen. Und sollten wir einmal keinen Einfluss darauf haben – Praxistipps gegen Störer gibt’s im nächsten Artikel: „Stören stört! – Wie ich Unterbrechungen vermeiden kann!“.